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Verloren <=> Übersetzt in
Verloren
(Skizze)
die Hymne „Auferstanden aus Ruinen“
das Land einer Kindheit
eine Freundschaft im Thüringer Wald
ein plötzliches Geständnis, allein der Wende sei Dank,
mit der Einleitung „bevor du es anders erfährst…“
ein Karton mit Briefen, Postkarten, Telegrammen, Gedichten
eine bis dahin geliebte schwungvolle Handschrift
meine Stasi-Opferakte,
darin auch entdeckt: meine Briefe
an den Mann mit der schwungvollen Handschrift…
ein halbvoll geschriebenes Tagebuch (vergessen im Zugabteil)
der Film „Delphinsommer“, den mir eine Freundin nicht zurückgab
und dessen Plot mich an meine frühen Jahre erinnerte
ein Familienalbum, das aus leeren Seiten bestand
die Tonaufnahme des Geigenspiels meines Großvaters
Hadžems Lächeln, als er sagte: „Gedichte sind wie Medizin“
ein Foto, du, er und ich,
drei sonnenhafte Antlitze im Spiegel der Vrelo Bune
Sarajevski dani poezije, Dichterlesungen in Sarajevo, Mostar
Abendspaziergänge an der Neretva und der Miljacka
ein Abschied, der zunächst nicht für immer war
ein Versprechen am Mainufer, Herbst Zweitausendacht
später an der Saale: vier Hände, die abwechselnd sich
und einen Rilke-Band festhielten, feierlich
„Durch unsere Hände und Blicke
umarmten sich unsere Seelen.“
die glimmende Zigarette des Dichters in der Ferne
hin- und hergerissen
zwischen Unsicherheit, Angst, Schmerz und Niederlage
nur in dem einzigen Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können,
den Erinnerungen,
in Bildern, Düften, Versen, deiner geliebten Stimme beschworen
ist vielleicht
am Ende
doch nicht alles
verloren
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